| Für die meist 
               inschriftlosen mittelalterlichen Steinkreuze hat sich der Begriff 
               „Sühnekreuz“ eingebürgert, der davon abgeleitet ist, dass solche 
               Kreuze als Sühne für einen Mord oder Totschlag aufgestellt 
               wurden, um die sonst übliche Blutrache abzuwenden. Ein 
               Sühnevertrag regelte das „Seelgerät“ für den Verstorbenen, die 
               Entschädigung der Hinterbliebenen und die Rehabilitation des 
               Täters – Gedanken wie wir sie im „Täter-Opfer-Ausgleich“ des 
               modernen Strafrechts wieder finden. In unserem 
               Landkreis ist allerdings kein Kreuz bekannt, für das sich der 
               entsprechende Sühnevertrag zuordnen ließe. Dafür gibt es eine 
               breite Palette von Sagen, die mit diesen Kreuzen in Verbindung 
               gebracht werden. Während oft davon berichtet wird, die Zeichen 
               auf den Steinkreuzen seien die Mordwerkzeuge, ist sich die 
               Wissenschaft heute weitgehend einig, dass es sich um Symbole 
               handelt, die auf den Beruf des Getöteten hinweisen.  Durch das 
               Inkrafttreten der „Constitutio Criminalis Carolina“ von 1532, der 
               Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V., wurde der Brauch, 
               Sühneverträge zu schließen, durch staatliches Strafrecht 
               abgelöst. Die Sühnekreuze müssen demnach älter sein und gehören 
               zu unseren ältesten Kleindenkmalen. Mit der „Carolina“ hört die 
               Errichtung von Sühnekreuzen auf. Doch ist nicht auszuschließen, 
               dass auch in späterer Zeit Steinkreuze zum Gedenken an Unfälle 
               aufgestellt wurden.  Andere 
               Errichtungsursachen, die gern diskutiert werden, ist die Funktion 
               der Kreuze als Grenzstein, als Wegweiser oder zur Erinnerung an 
               eine aufgelassene Kapelle oder einen alten Friedhof. Seit dem 
               späten 19. Jahrhundert hat sich die Forschung mit diesen Kreuzen 
               beschäftigt. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen 
               entstanden die ersten Inventare der Steinkreuze. Seit 1933 gibt 
               es sogar eine spezielle Fachzeitschrift zur deutschen 
               Steinkreuzforschung, „Das Steinkreuz“. Für die Pfalz 
               gab es zunächst nur verstreute Hinweise auf einzelne dieser 
               Kreuze, bis 
               Fred Weinmann diese in angemessener Form im 
               Pfalzatlas allgemeiner bekannt machte und 1973 ein Inventar 
               herausgab. Bis etwa 1980 erschienen auch in anderen Bundesländern 
               solche Inventare. Danach wurde es wieder still um diese 
               Kleindenkmäler, – und außer den örtlichen Heimatforschern wusste 
               kaum jemand über sie Bescheid.  Umso 
               erfreulicher ist es, dass die Steinkreuze jetzt Eingang in die 
               modernen Medien gefunden haben. Bei der Internetseite 
               
               www.suehnekreuz.de 
               hat sich eine stets wachsende Gemeinschaft von Heimatkundlern und 
               Chronisten zusammengefunden, die ihre Erfahrungen quer durch die 
               Republik austauschen.   Im Folgenden 
               sollen die Steinkreuze unseres Landkreises in Kurzform von Nord 
               nach Süd beschrieben werden. Die meisten dieser Kreuze wurden 
               würdevoll in die Gestaltung kleiner Grünanlagen einbezogen – 
               andere stehen an verborgener Stelle unbeachtet am Wegesrand.
                Die 
               bekannteste Steinkreuzgruppe der Pfalz steht beim 
               
               Johanniskreuz, bis wohin sich einst der frühere 
               Amtsbezirk von Bergzabern erstreckte. Das möglicherweise aus dem 
               13. Jahrhundert stammende Grenz- oder Geleitkreuz wurde mehrfach 
               erneuert. Um 1960 wurden drei Kreuze aus verschiedenen 
               Jahrhunderten zu einer kleinen Grünanlage gestaltet. Die Volkssage 
               bringt das Kreuz in Verbindung mit einem edlen Herrn Johannes, 
               der hier gewaltsam zu Tode kam.  Eine weitere 
               Steinkreuzgruppe stand bei 
               
               Kirrweiler, etwa 100 m westlich vom Friedhof. Zwei der 
               Kreuze wurden leider gestohlen. Das dritte wurde als Grabkreuz 
               auf den Friedhof verbracht, um es vor dem gleichen Schicksal zu 
               bewahren. Ein weiteres 
               Steinkreuznest mit drei Sühnekreuzen findet sich östlich von 
               
               Gleisweiler. Bei zwei Kreuzen ist ein Arm abgebrochen; 
               bei einem ist ein Sesel als Winzerzeichen eingemeißelt. Die 
               Kreuze sollen an die historisch nicht belegte „Seselschlacht“ 
               erinnert, bei der die Bauern bei einem Weidestreit ihre Sesel als 
               Waffen benutzten. Das 
               Steinkreuz von 
               Dernbach 
               stand früher an der Gemarkungsgrenze in der Nähe des Galgens. Es 
               wird in einer 1564 datierten Karte an seinem früheren Standort 
               dargestellt. In der Mitte 
               der Kreuzarme ist eine Pflugschar dargestellt, die zu dem Namen 
               „Scharkreuz“ führte. Der Volksmund machte ein „Scharrkreuz“ 
               daraus – verbunden mit der Vorstellung, dass hier ein Toter ohne 
               kirchlichen Segen „verscharrt“ wurde. Nördlich von
               
               Essingen steht nahe der Straße ein Sühnekreuz unbeachtet 
               am Böschungsrand. Hier soll ein pflügender Bauer einen schweren 
               Stock nach vorn geschleudert haben, um seine Ochsen anzutreiben. 
               Doch er traf seinen Sohn, der auf der Stelle tot umfiel. Über einen in 
               die Ostwand der katholischen Kirche von 
               
               Knöringen eingemauerten Kreuzstein konnte bisher nichts 
               Näheres in Erfahrung gebracht werden. Ein 
               Steinkreuz, das 1968 nahe Arzheim beim Roden eines 
               Weinberges gefunden wurde, befindet sich in Privatbesitz und ist 
               leider nicht öffentlich zugänglich. In 
               
               Völkersweiler wurde ein Steinkreuz an der Dorfkirche 
               St. Silvester aufgestellt. Der Ursprung des Kreuzes ist 
               unbekannt. Südlich des 
               Ortes, schon auf der Gemarkung 
               
               Gossersweiler, steht ein weiteres Steinkreuz am 
               Straßenrand. Auf seiner Vorderseite ist eine erhabene Pflugschar 
               dargestellt. Man erzählt, dass hier ein pflügender Bauer durch 
               seine Pflugschar getötet wurde. Westlich von
               
               Dörrenbach steht am Waldweg oberhalb der Eselsbühne ein 
               weiteres Steinkreuz. In seine Vorderseite sind zwei gekreuzte 
               Sesel eingehauen. Das Kreuz wird hier als „Pestkreuz“ bezeichnet, 
               was vermuten lässt, dass es als Schutz vor der Pest oder aber als 
               Dankeszeichen zur Abwendung einer drohenden Pest aufgestellt 
               wurde. Die 
               Grünanlage um das Kreuz wurde im Frühjahr 2006 neu gestaltet. 
               Eine Sandsteinplatte vor dem Kreuz erweckt den Eindruck, als sei 
               hier jemand bestattet worden. Nachgrabungen an Sühnekreuzen, die 
               als Soldatengräber gedeutet wurden, konnten jedoch in den 
               seltensten Fällen ein Bestattung nachweisen. Flurnamen wie 
               der „Kreuzstein“ bei Leinsweiler lassen vermuten, dass es 
               früher noch mehr dieser Kreuze gab.  In der 
               Bindersbacher Grenzbeschreibung von 1604 finden wir einen 
               Hinweis auf die Vergänglichkeit der alten Kreuze: „Hier solt du 
               wißen, daß auch hier stehet, ein klein steinern Creuz, so 
               verschlagen ist, und kein Marckstein, sondern bedeutet, daß ein 
               Gerber von Landau auf dem Platz tod geschlagen ist.“   Anders als 
               unsere barocken Hochkreuze, die der französischen Revolution 
               weitgehend zum Opfer fielen, wurden die mittelalterlichen 
               Sühnekreuze eher als Rechtssymbole aufgefasst und entgingen so 
               der damals angeordneten Zerstörung christlicher Symbole. 
                
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