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Monumente
der Pfalz
und ihre Geschichte(n) 
(9)

von Rudolf Wild

Ilbesheim
 Mit Blick auf
 den Pfälzerwald:
 die Napoleonsbank
 bei Ilbesheim

 (Foto: Autor)
 

Rudolf Wild ist Angestellter beim Landwirtschaftsamt in Bruchsal und als Heimatforscher und Buchautor tätig.
Er lebt in Annweiler am Trifels.

Zu Ehren Napoleons II.

Die Napoleonsbank bei Ilbesheim erinnert an die französische Zeit der Pfalz

Wer auf historischen Straßen durch das nördliche Elsass fährt, kommt immer wieder einmal an seltsamen steinernen Gestellen vorbei, deren Sinn und Zweck auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Es sind die so genannten Napoleonsbänke, Bänke zum Ausruhen für Frauen auf dem Markt.

Zu ihrer Entstehung gibt es mehrere Legenden: Napoleon habe hier gerastet oder Heerschau gehalten – oder: er habe ihre Aufstellung persönlich angeordnet, um den Frauen ihre Arbeit zu erleichtern. Und da die Südpfalz seinerzeit zum niederrheinischen Departement (Bas-Rhin) gehörte, habe der Befehl dort natürlich ebenfalls gegolten.

Fest steht, dass der Befehl zur Errichtung solcher Ruhebänke von dem Straßburger Präfekten Adrien Lezay-Marnesia ausging. Aus Anlass der Geburt des lang erwarteten Thronfolgers am 20. März 1811 – des „Königs von Rom“, dem späteren Napoleon II und Herzog von Reichstadt – sollten nämlich große Feierlichkeiten durchgeführt werden, um der Bevölkerung Gelegenheit zu geben, dem Kaiser gebührend zu huldigen.

Unser weit blickender Präfekt verstand es nun, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden: Am 14. April 1811 wurden die Bürgermeister von Straßburg aus aufgefordert, innerhalb von acht Tagen Pläne einzusenden. Bis zum Pfingstsonntag, dem 2. Juni, dem Tauffest des kaiserlichen Sprösslings, sollten entlang der Landstraßen von Bäumen beschattete Ruheplätze und Röhrenbrunnen angelegt werden. Allein im Arrondissement Strasbourg wurden im Abstand von „une demi-lieue“ (einer halben Wegestunde) 125 Ruhebänke aufgestellt, die als „Bancs du Roi de Rome“ oder „Bancs Marie-Louise“ bezeichnet wurden.

Solche Ruhebänke hatte es auch vorher schon gegeben: für die Pfalz wird eine solche für den Ort Ruhbank bei Pirmasens im Jahr 1748 belegt, auch wenn ihr genaues Aussehen nicht überliefert ist. Im Elsass war die Sitzbank unter dem hohen Sturz angebracht. Um beim Sitzen eine Kopffreiheit zu gewährleisten, ist dabei eine größere Höhe des oberen Sturzes erforderlich.

Eine solche Steinbank wurde damals auch bei Ilbesheim aufgestellt. Um zu dieser Bank zu kommen, muss man von der Straße Landau – Bad Bergzabern in Richtung Mörzheim abzweigen.

Die Ilbesheimer Napoleonsbank zählt heute zu den schönsten ihrer Art in der Südpfalz. Die Vorderseite der Wangen ist reich mit Ornamenten verziert. Im unteren Bereich des Hauptsturzes ist eine Inschrift angebracht: ELEWE BAR LA COMMVN DE ILBESHEIM EN 1811 LE 9 IVNIVS.

Die Inschrift ist schlecht erhalten und daher kaum noch lesbar, sie wird daher in der Überlieferung unterschiedlich zitiert. Vermutlich handelt es sich um fehlerhaftes Französisch. Vergleichbare Inschriften „Erigé par ...“ lassen folgende Lesart zu: „Errichtet durch die Gemeinde Ilbesheim am 9. Juni 1811“. Die Bank wurde 1996 renoviert und etwa 50 m weiter südlich aufgestellt, so dass der früher so angenehme Schatten des Nussbaums fehlt.

Napoleon hatte seinerzeit die herkömmlichen Feiertage abgeschafft und durch neue Feiertage zur Pflege seines Personenkultes ersetzt: Die Feier zum Geburtstag des Kaisers kam in der Bevölkerung besonders gut an, denn der 15. August entsprach dem traditionellen Datum von Mariä Himmelfahrt. Die Feier zur Erinnerung an die Kaiserkrönung vom 2. Dezember 1804 war mit Baumpflanzaktionen verbunden – es gab eine Prämie für denjenigen Bürger, der im vergangenen Jahr die meisten Bäume an seinen Grundstücken oder an Wegesrändern gepflanzt hatte.

Die große Feier bei der Einweihung der Ruhebank soll die teuerste gewesen sein, die während der Kaiserzeit in Ilbesheim ausgerichtet wurde. Die Ausgaben beliefen sich auf insgesamt 137 Francs, darin enthalten sind 70 Francs, die die Errichtung der Ruhebank gekostet hatte.

Den Begriff „Napoleonsbank“ gab es damals allerdings noch nicht. Der entstand erst Ende des 19. Jahrhunderts, nachdem anlässlich der Hochzeit von Napoleon III. im Jahre 1854 eine große Anzahl zusätzlicher Ruhebänke aufgestellt wurden. Aber zu diesem Zeitpunkt war die Pfalz längst bayrisch geworden.

Und auch wenn heute keine Lasten mehr auf dem Kopf getragen werden und man sich ansonsten nicht so gern an Napoleon erinnert, so werden die nach ihm benannten Ruhebänke doch in Ehren gehalten. In den letzten Jahren wurden sogar ein paar dieser Bänke an historischer Stelle neu aufgestellt. Eine künstlerische und handwerkliche Qualität, wie wir sie bei der Ilbesheimer Bank bewundern können, ist heutzutage allerdings nicht mehr zu finanzieren.
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Textentwurf für:
Die Pfalz , Zeitschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft, Nr. 1, 1. Quartal 2007, S. 3
(Die grau formatierten Textstellen wurden im Druck weg gelassen.)


Anmerkung: (Nachtrag)
Als Datum für die Taufe wurde der 2. Juny 1811 angekündigt in:
Recueil officiel des Actes de la Préfecture du Département du Bas-Rhin
Tome XII (1811) Strasbourg 1812 Landesarchiv Speyer, G 83
(S. 199, 22.4.) – Dies wäre der Pfingstsonntag gewesen.
Die Taufe fand jedoch am 9. Juni statt – dem Datum auf der Ilbesheimer Napoleonsbank


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– aktualisiert am 12.11.2018