Literatur:
Am 8. Längengrad
Nachdem dem Vermessungsingenieur Reiner Müller aufgefallen war,
dass der 8. Längengrad östlich von Queichhambach verläuft,
entstand die Idee, diese Stelle zu markieren und dort
Sitzgelegenheiten aufzustellen. Zum Queichtal-Radlertag am
4.7.2004 erfolgte eine provisorische Markierung mit einem
echten „Fahrrad-Achter“.
Aber was ist eigentlich ein Längengrad? Für jemanden, der das
weiß, ist es ganz selbstverständlich. Man merkt erst, wie
schwer das zu beschreiben ist, wenn man es jemandem erklären
soll, der sich noch niemals Gedanken darüber gemacht hat.
Am besten zeigt man das Gradsystem der Erde an einem Globus,
auf dem es grob eingezeichnet ist. Die Erde – abstrahiert als
eine Kugel – dreht sich um die Erdachse, deren Enden als Nord-
und Südpol bezeichnet werden und als geographische Breite von
90° definiert sind. An der breitesten Stelle – bei 0° – liegt
der Äquator; die Breitengrade verlaufen parallel dazu im
Abstand von ca. 111 km. Der einzige Breitengrad, der die Pfalz
berührt, ist der 49., der etwa 20 km südlich von Queichhambach
verläuft und die Pfalz nur auf einem kurzen Stück zwischen der
Bienwaldmühle und Neuburg am Rhein berührt. – Der 50.
Breitengrad verläuft übrigens genau über den Marktplatz von
Mainz.
Während die Breitengrade noch recht einfach zu definieren sind,
sind die Längengrade willkürlich festgelegt. Seit dem Altertum
betrachtete man das Cap Finisterre bei
Santiago de Compostella als das westliche Ende der Welt. Eine
zuverlässige Methode zur Bestimmung der Längengrade war
allerdings bis in die Neuzeit hinein nicht bekannt.
1634 wählte man als Bezugsgröße der geographischen Länge die
Kanarische Insel Ferro, die als westlichster Punkt der Alten
Welt galt (17° 40' W). Eigentlich hätten es die Franzosen ganz
gern gesehen, dass der Nullmeridian durch Paris verläuft, aber
letztlich wurde 1883 die Sternwarte Greenwich bei London als
internationaler Bezugspunkt festgelegt. Dies hat zudem den
Vorteil, dass die Datumsgrenze bei 180° den Pazifik an einer
Stelle durchschneidet, an der nur wenige Inseln liegen.
Der Abstand der Längengrade beträgt am Äquator 111,111 km und
verjüngt sich zu den Polen hin zu einem einzigen Punkt.
Queichhambach liegt nach diesem System am 8. Grad östliche
Länge. Dieser Längengrad ist der einzige, der durch die Pfalz
verläuft. (Der 7. Längengrad liegt bei Saarbrücken, der 9. bei
Sindelfingen westlich von Stuttgart).
Doch wie genau lässt sich so etwas messen? Die Katasterämter
verfügen heute über Geräte, mit denen sie mittels
Satelliten-Navigation eine Genauigkeit im Zentimeter-Bereich
erzielen können. Dazu reichen allerdings die von den Satelliten
übertragenen Daten nicht aus, sie müssen durch Referenz-Punkte
korrigiert werden.
Wer allerdings mit einem der handelsüblichen GPS-Geräte
versucht, die Lage des 8. Längengrades zu kontrollieren, wird
erstaunt feststellen, dass er etwa 70 m weiter östlich fündig
wird. Die Erklärung liegt darin, dass es gar nicht so einfach
ist, die Form der Erde mathematisch exakt zu bestimmen. Sie ist
nämlich weder eine Kugel noch ein „Rotations-Ellipsoid“. Und
die verbindliche Festlegung des Erdmittelpunktes wird damit
unmöglich. Man hat daher mit verschiedenen Rechenansätzen
versucht, diesen mathematisch zu erfassen. International wird
dabei mit einem System gearbeitet, das sich „WGS 84“ (World
Geodetic System 1984) nennt, während das deutsche
Vermessungswesen traditionell mit einem „Potsdam-Date“
genannten Bezugssystem arbeitet. Die Differenz zwischen beiden
Systemen beträgt bei Queichhambach etwa zwei Winkel-Sekunden.
Exakt auf dem gleichen Grad liegen im Norden Kristiansand an
der Südküste Norwegens sowie Osnabrück, und Siegen. Bei Smøla
an der Nordküste Norwegens verlässt er bei ca. 63° 25' N das
Festland.
Im Süden ist zur gleichen Zeit Mittag in Bad Bergzabern, auf
dem Feldberg im Schwarzwald sowie auf Eiger, Mönch und Jungfrau
im Berner Oberland. Den Äquator kreuzt er im Atlantik zwischen
Libreville und der Insel São Tomé. (Textauszug aus:
Queichhambach. Ein Dorf und seine Geschichte.
Annweiler 2008, S. 197 f.)
vgl.: Rudolf Wild: Mittwochszahl 8, in:
Die Rheinpfalz, Marktplatz regional, Ausgabe Bergzabern 12.5.2010
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